Als ich meine ersten Schritte im weißen Kittel machte, galt für den oberen Blutdruckwert „Alter plus 100“ als normal! Das ist lange her und war verkehrt und hat viele Lebensjahre gekostet. Auch alte Menschen mit Werten über 140/90 sollten behandelt werden. Jetzt fordern Studien weitere Absenkung, 130/85 sei noch zu hoch. Doch was kommt dann? Das klingt nach Rekordjagd: Was hält der Mensch wie lange aus? Und der Kopf?? Für junge Leute mag gelten: je niedriger, desto besser. Deren Schlagadern sind elastisch, können sich anpassen und müssen noch zig Jahre Kopf und Herz mit Sauerstoff versorgen. Wer einen niedrigen Blutdruck bis ins hohe Alter bewahrt, kann sich glücklich schätzen. Man kommt wahrscheinlich mit weniger Gebrauchsspuren in die letzten Runden und hat auch dann, gut möglich, die besseren Karten. Aber generell und ehrgeizig nur leicht erhöhten Blutdruck bei uns Senioren abzuwürgen, kann wegen Müdigkeit, Schwindel, Schwäche, Lustlosigkeit und unangenehmen Medikamentennebenwirkung eine falsche und teure Alternative werden. Lebenserwartung und Lebensqualität werden individuell unterschiedlich gewichtet, abhängig von den persönlichen Lebensumständen, aber natürlich auch vom Alter. Das ist gut. Es gibt weder Garantien noch Haltbarkeitsstempel, nur Studien und Erfahrungen. Und die Schlüsse daraus. Und freie Entscheidungen und andere Meinungen und das ist auch gut. Ein Leben, das nur noch vor sich hin dauert, womöglich im Pflegebett, mal ehrlich, kann es das denn sein? Nur, damit der Blutdruck den allerneuesten Empfehlungen entspricht? Mich sollte man davor erst mal fragen, und ich hoffe, noch zu einer Antwort fähig zu sein. 140 zu 90 ist ein vernünftiger Richtwert für uns Senioren. Aber es gibt Regeln und Ausnahmen. Und diese bestätigen die Regeln, das galt immer schon.




